3. Ein sonderbarer Kindervergleich
Trump verglich Russland und die Ukraine mit zankenden Kindern. Dabei war es er selbst, der bei dem Thema wie ein Kind wirkte: fahrig, stammelnd, selbstbezogen. Eine Linie war nicht wirklich erkennbar. Seine Ausführungen zum Krieg mündeten erst in einer Tirade gegen seinen Vorgänger Joe Biden, dann in Lobgesang auf sich und seine Vermittlerrolle im Konflikt zwischen Indien und Pakistan. Er glaube nicht, dass die beiden Seiten einen Deal unterzeichnen würden, mutmaßte Trump zunächst – und sagte kurz darauf das Gegenteil.
Merz hingegen war souverän bei dem Thema, dem Kanzler gelang ein Balanceakt. Er wies zunächst auf die Gemeinsamkeiten hin: Wie Trump wolle er, dass der Krieg schnellstmöglich ende. Dann machte er die Unterschiede deutlich, ohne Trump anzufeinden. »Meine Position ist klar«, sagt Merz. »Wir stehen an der Seite der Ukraine.« Russland trage die Verantwortung für das Sterben in der Ukraine. Ein Kriegsende sei deshalb nur möglich, wenn man der Ukraine den Rücken stärke. Trump hingegen beklagte nur Allgemein das Blutvergießen.
Alexander Sarovic, Auslandsreporter
4. Wenigstens kein Eklat
Merz hat die heikle Pressebegegnung im Oval Office gut überstanden. Zwar stand der Kanzler hier nicht im Rampenlicht, die US-Medien interessierten sich nicht für ihn. Doch er lief auch zu keinem Zeitpunkt Gefahr, dass das Gespräch in einem Eklat endet, wie ihn vor Monaten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erlebte.
Auch wenn Merz‘ Redeanteil denkbar niedrig war, hat er seine Punkte gemacht: Er hat Trump geschmeichelt, dessen Bedeutung für ein Ende des Kriegs in der Ukraine hervorgehoben. Er hat sich dankbar gezeigt für die historischen Verdienste der USA bei der Befreiung Deutschlands von der Nazidiktatur. Und er hat beherzigt, was ihm andere Staatschefs, die schon bei Trump waren, geraten haben: Nicht zu lange selbst reden, Trump hat eine kurze Aufmerksamkeitsspanne.
Im Gegenzug begegnete Trump ihm mit Freundlichkeit, lobte das Englisch des Kanzlers. Nun muss sich zeigen, ob sich aus der Begegnung ein belastbares Verhältnis entwickelt, das Merz nutzen kann, um Trump dauerhaft auf die Seite der Europäer zu ziehen.
Maria Fiedler, stellv. Leiterin des Hauptstadtbüros