Krieg in der Ukraine

Friedrich Schmidt, Korrespondent
Friedrich Schmidt, Korrespondent
Es mag eine Randnotiz sein, sagt aber viel aus über die Arbeitsweise des russischen Machtapparats: Kiew und Moskau haben am Montag in Istanbul nach den Worten des ukrainischen Verteidigungsministers Rustem Umjerow vereinbart, Gefallene auszutauschen, und zwar „6000 gegen 6000“. Dagegen sagte Wladimir Medinskij, der Kulturberater des russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Delegationsleiter in Istanbul, man werde Kiew „einseitig“ 6000 „gefrorene Leichname gefallener ukrainischer Soldaten und Offiziere“ übergeben. „Ich weiß nicht, ob sie irgendwelche Leichname auf ihrer Seite haben, wir nehmen sie auch“, sagte Medinskij weiter über die eigenen, die russischen Toten. „Das wissen wir noch nicht.“

Warum legt der Funktionär in diesem scheinbar nebensächlichen Punkt Wert darauf, dass es sich nicht um einen Gefallenenaustausch handelt, sondern um eine „einseitige“ Aktion? Vermutlich, weil die letzte offizielle russische Gesamtgefallenenzahl vom 21. September 2022 stammt. Sergej Schojgu, Putins damaliger Verteidigungsminister, bezifferte seinerzeit „unsere Verluste“ seit Beginn der „militärischen Spezialoperation“ – des Angriffskriegs gegen die Ukraine – knapp sieben Monate zuvor auf 5937. Also auf 63 weniger als die Zahl, die nun in Istanbul fiel.

Seither gab es keine neuen offiziellen Gesamtgefallenenzahlen aus Moskau – und Medinskij will nun offenbar nicht implizit offiziell anerkennen, dass es mehr Gefallene sind. Tatsächlich werden Russlands Verluste längst im sechsstelligen Bereich vermutet; allein die Journalisten des russischen Diensts der BBC und des Portals Mediasona zählen anhand von Todesmeldungen in sozialen und anderen Medien derzeit 109.625 namentlich bekannte russische Gefallene. 
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Updated at: Today 12:00 PM