Krieg in der Ukraine

Friedrich Schmidt, Korrespondent
Friedrich Schmidt, Korrespondent
Der Kreml hat am Donnerstag bestätigt, dass Dmitrij Kosak, ein stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung, diese verlässt. Kosak gehe „auf eigenen Wunsch“, sagte Dmitrij Peskow, Präsident Wladimir Putins Sprecher. Ein Erlass dazu sei noch nicht veröffentlicht. Zuvor hatte das Portal RBK über den Fall berichtet. Kosak prüfe „verschiedene Vorschläge“, in die Wirtschaft zu gehen, hieß es.

Der 66 Jahre alte Jurist ist ein langjähriger Wegbegleiter Putins. Beide arbeiteten schon in den Neunzigerjahren in der Stadtverwaltung von Sankt Petersburg. Später hatte Kosak verschiedene hohe Positionen in der Regierung und in der Präsidialverwaltung inne. Im August hatte die „New York Times“ unter Berufung auf anonyme russische und westliche Quellen berichtet, dass 2022 Kosak Putin geraten habe, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Im laufenden Jahr habe Kosak dem Präsidenten geraten, mit dem Kämpfen aufzuhören und Friedensverhandlungen zu beginnen.

Zudem habe Kosak Putin zu Reformen geraten, etwa, die mächtigen Sicherheitskräfte der Regierung zu unterstellen und eine unabhängige Justiz aufzubauen. Kosak sei der einzige ranghohe Beamte, der Putin offen sage, dass er mit dem Krieg nicht einverstanden sei, wiewohl er diese Kritik nicht öffentlich mache, zitierte die amerikanische Zeitung „Leute, die dem Kreml nahestehen“.

Dass Kosak in der Gunst des Herrschers gesunken war, hatte sich schon im Frühjahr 2022 abgezeichnet, teils sogar öffentlich, in einem Bruch mit der üblichen Verschwiegenheit im russischen Machtmilieu: Am 21. Februar, drei Tage vor dem Überfall auf die Ukraine, ließ Putin eine Sitzung seines Nationalen Sicherheitsrats abhalten, auf der er einen Funktionär nach dem anderen über die Frage einer Anerkennung der ostukrainischen „Volksrepubliken“ von Donezk und Luhansk referieren ließ. Kosak, der in der Ukraine geboren wurde und seinerzeit Putins Ukraine-Beauftragter und damit der Mann der Minsker Gespräche war, hätte dabei nach eigenen Worten mit dem Präsidenten gerne darüber gesprochen, ob man „den Donbass anschließen oder nicht anschließen soll, was man weiter damit machen soll“ und darüber, wie man die Region „in Verhandlungen mit dem Westen benutzen“ könne, das sei ein „sehr ernstes Problem“. 

Offenbar wollte Kosak den Minsker Prozess fortführen, Putin aber nicht. Er schickte Kosak auf seinen Platz zurück, seine Entscheidung zum Überfall war bereits gefallen. Kosak sagte seinerzeit in der Sitzung, er denke, später mit Putin gesondert zu sprechen. Das hat er wohl getan und damit den Präsidenten gegen sich eingenommen. Im April und Mai 2022 berichteten das exilrussische Medium Medusa und der russische Dienst der BBC, Kosak sei bei Putin „in Ungnade gefallen“, ihm sei die Zuständigkeit für die „Volksrepubliken“ entzogen und Sergej Kirijenko übertragen worden, Putins Mann für die Innenpolitik. 
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